Meisterwerke und Uniluft - Exkursion der K1-Lateiner nach Tübingen

Am 9. Juli 2021 brach der Latein-Aufsetzer der Kursstufe 1 auf, um im idyllischen Tübingen abseits vom Unterrichtsalltag Kontakt mit der Hochkultur der Antike aufzunehmen. Zwar hatten die Kursstufenschüler schon profunde Kenntnisse in der lateinischen Literatur erworben, doch die Begegnung mit den sichtbaren bildnerischen Zeugnissen der Griechen und Römer stand noch aus. Ein idealer Raum für diese Begegnung stellt das Museum im Schloss Hohentübingen dar, in dem sich eine Abgusssammlung zahlreicher Kunstwerke befindet, die es sonst nur in den Vatikanischen oder Kapitolinischen Museen in Rom zu bestaunen gibt. Dr. Alexander Heinemann, Archäologe und Kustos ebendieser Sammlung, führte uns durch das Museum mit der Leitfrage, was ein Meisterwerk überhaupt zum Meisterwerk mache.

Die 18 Schülerinnen und Schüler erfuhren an der berühmten Laokoon-Gruppe, dass dieses Ensemble erst 1506 in einem Weinberg in Rom wiederentdeckt wurde. Die vom Papst beauftragten Experten Michelangelo und Sangallo konnten durch ihre Kenntnis der Schriften von Plinius maior den Fund sofort unzweifelhaft identifizieren. Die dramatische Darstellung des Laokoon und seiner beiden Söhne, die von Meeresschlangen bedrängt werden, ist jedoch ein ziemlich singuläres Meisterwerk aus dem Rom der Zeitenwende. In der Regel liebten die Römer es, hellenistische Kunst massenhaft zu kopieren, beispielsweise nackte Sportler oder Heroen. Das bedeutet, dass viele Darstellungen bereits unter der Herrschaft des Augustus als "klassische Meisterwerke" gelten durften. Überhaupt, so das Fazit unserer Führung, liegt die Definition eines Meisterwerks maßgeblich im Auge des Betrachters.

Nach so viel Hochkultur brauchten alle eine Stärkung am Ufer des Neckars, der an diesem Tag Hochwasser führte. Anschließend gab es noch die Möglichkeit, einen Eindruck von Tübingen als Universitätsstadt zu gewinnen: Die interessierten Schülerinnen und Schüler von HBG und Parler erkundeten im Rahmen eines Bummels zahlreiche Fakultäten und Einrichtungen der Uni im Bereich der Innenstadt. Besonders eindrucksvoll war es, ins Innere der riesigen Uni-Bibliothek einzudringen.

Der einzige Wermutstropfen an diesem gelungenen Tag war, dass das ersehnte Befahren des Neckars mit Tret- oder Ruderbooten infolge der starken Strömung des Neckars ins Wasser fiel...

Ingolf Barth