Für Menschenwürde – gegen sexuelle Ausbeutung

„Unmenschlich – bedrückend – verstörend“ – diese und andere Schlagworte nannten Schülerinnen und Schüler der Klassen 10a und 10d des Hans-Baldung-Gymnasiums, die sich im Rahmen des katholischen Religionsunterrichts in den letzten Wochen mit dem Thema „Menschenhandel und Prostitution“ beschäftigt haben.

 Zunächst informierten sich die Zehntklässler anhand eines konkreten Schicksals darüber, wie die „Loverboy“-Masche funktioniert: Dabei werden junge Mädchen beispielsweise über Internetkontakte von Männern geködert, die ihnen eine Liebesbeziehung vorgaukeln. Nach geraumer Zeit wird eine Verschuldung des „Loverboys“ inszeniert. Einziger Ausweg aus dieser Notlage, so wird dem Opfer weisgemacht, sei die vorübergehende Prostitution. Tappt das Mädchen in diese Falle, entpuppt sich der einstmals so charmante Herr als kaltblütiger Zuhälter.

Dass dies gängige Praxis in Deutschland ist, erfuhren die Zehntklässler von zwei Frauen, die sich im Ostalb-Bündnis gegen Menschenhandel und (Zwangs-)Prostitution engagieren: namentlich von Gisela Stephan, der ehemaligen Präsidentin des Soroptimist International Clubs in Gmünd, sowie von Marietta Hageney, der Leiterin der Beratungsstelle SOLWODI Baden-Württemberg e.V.

Frau Hageney machte den Schülerinnen und Schülern deutlich, welche Dimensionen der „Sexkauf“, der in Deutschland durch eine sehr liberale Gesetzgebung ermöglicht wurde, hat (mit einem jährlichen Umsatz von ca. 15 Mrd. € und bis zu 1,2 Mio. „Sexkäufern“ pro Tag). Sehr eindringlich machte die Gastrednerin auf die Hintergründe dieses „Geschäfts“ aufmerksam, das hierzulande als „Dienstleistung“ gilt: So stammen über 90 % der Prostituierten aus Osteuropa. Ihnen wird meist von „Loverboys“ ein besseres Leben im Westen versprochen. Die Realität, die sie erwartet, ist jedoch eine andere: Nachdem ihnen ihre Ausweise abgenommen werden, wird von ihnen permanent Geld gefordert – für „Transfer“, Unterkunft, Friseur oder Maniküre. Dafür müssen die jungen Frauen täglich etwa 10 bis 20 „Sexkäufer bedienen“. So entsteht im Untergrund ein Milieu aus Abhängigkeit, Gewalt und sexueller Ausbeutung, aus dem es so gut wie kein Entrinnen gibt. Um dieses Leben aushalten zu können, betäuben sich nahezu alle Opfer mit Alkohol oder anderen Drogen.

Den Schülerinnen und Schülern wurde so deutlich, dass die Frauen in diesem System psychisch und physisch zerstört werden. Dass Frau Hageneys Botschaft bei ihnen ankam, stellten sie auch in den Unterrichtsstunden nach deren Besuch unter Beweis. Indem die Zehntklässler das System der Prostitution in Deutschland anhand von verschiedenen ethischen Ansätzen analysierten, stand auch ihr Urteil fest: „Sexkauf“ ist ein menschenunwürdiges Geschäft.

Ingolf Barth