Model möchte Mut machen

Die Zehntklässler des Hans-Baldung-Gymnasiums mit dem ehemaligen Model Kera Rachel Cook und Michael Svoboda von der AOK. Die Eintrittsgelder des Präventionsvortrages werden laut HBG-Schulleiter Veit Botsch an den Verein „Bunten Kreis“ gespendet.

Kera Rachel Cook spricht in der Sporthalle des Hans-Baldung-Gymnasiums über ihre Essstörung, die Tricks der Modebranche und gefährliche Schönheitstrends bei Mädchen im Internet. "Ich kenne selbst jemanden, der an einer Essstörung leidet“, sagt die 16-jährige Katharina Scharff. Sie ist nicht die Einzige, die am Mittwoch in die Sporthalle des Hans-Baldung-Gymnasiums (HBG) zum Präventionsvortrag von Kera Rachel Cook, ehemaliges Übergrößenmodel und „Germanys Next Topmodel“-Kandidatin, gekommen ist.

Kera Rachel Cook zeigt nicht nur die Schönheitstricks der Modebranche, sondern erzählt auch ihre eigene Lebensgeschichte. Angefangen bei ihrem Einstieg ins Modelgeschäft bis hin zu ihrer Essstörung – einer Form der Bulimie. Sie erzählt von ihren Tiefpunkten, von Fressanfällen und ihrer Unzufriedenheit mit sich selbst. „Nach meinem Abitur habe ich nur noch ein fettes, hässliches Monster im Spiegel gesehen“, erzählt Cook. Sie nahm sogar im Jahr 2010 an der fünften Staffel der deutschen Castingshow „Germanys Next Topmodel“ teil, bei der sie in der dritten Folge gehen musste. „Für mich war klar, dass meine Figur Schuld war.“

Mit 60 Kilo sei sie unter den anderen Kandidaten die kräftigste gewesen, sagt Cook. Selbst als erfolgreiches Übergrößenmodel fühlt sie sich nicht glücklich. „Klappe halten und nett lächeln. Das soll jetzt mein Leben sein?“, fragt sich Cook. Ab diesem Moment ändert sie ihr Leben. Das Modeln hat sie vor zwei Jahren aufgegeben und warnt nun vor dem Traum, um jeden Preis schön zu sein.

Das Schönheitsideal ist unmenschlich geworden.

Kera Rachel Cook,
Ehemaliges Plus-Size-Model

„Das Schönheitsideal ist unmenschlich geworden. Beim Vergleich kann man nur verlieren“, sagt Cook. So gelte man zum Beispiel mit einer Kleidergröße von 38 (M) schon als Übergrößenmodel, sagt sie. Auch durch Bildbearbeitungsprogramme wie „Photoshop“ werden die dünnen Körper noch weiter verschmälert. Auch vor den Medien warnt sie das Publikum. „Ich bin froh, dass ich meine Essstörung nicht in so einer Zeit hatte. Wahrscheinlich wäre ich untergegangen“, sagt sie. Denn vor allem in Internetportalen wie Instagram verglichen sich immer mehr Mädchen und nähmen sogar an „Schönheits-Challenges“ teil. Zum Beispiel die sogenannte A4-Challenge, bei der die Taille so schmal wie ein hochkant gehaltenes DIN A4-Blatt sein muss. „Es gibt wichtigere Dinge als Schönheit“, sagt Cook. Auf die Zuschauerfrage, ob es ihr nun wieder gut gehe, antwortet sie: „Ich habe meine Essstörung komplett überwunden.“ Als Grund dafür, dass ihre Selbstliebe zurück gekommen sei, nennt Cook den christlichen Glauben. „Ich habe Gelassenheit entwickelt – ich bin so perfekt wie ich bin.“ Am Beispiel ihrer Lebensgeschichte hofft sie, anderen Mut machen zu können.

„Nichts ist wertvoller, als mit den eigenen Erfahrungen andere Menschen zu berühren“, sagt auch Michael Svoboda, der stellvertretende Geschäftsführer der AOK Ostwürttemberg, die den Vortrag finanziert hat. „Es ist eine Herzensangelegenheit“ – für die AOK und ihn selbst. Denn erst vor Kurzem sei nicht nur ein AOK-Mitarbeiter an einer Essstörung verstorben, sondern auch jemand in seinem privaten Umfeld.

Katharina Scharff hat der Vortrag gefallen, denn sie weiß nun, wie sie mit ihrer Bekannten, die mittlerweile eine Therapie macht, umgehen und wie sie ihr helfen könne. „Ich kann ihr sagen, dass sie auch so gut aussieht. Sie hat es ja jetzt bei dem Model gesehen.“

© Gmünder Tagespost 29.06.2017 21:57