Der Traum vom Schön sein und seine hässlichen Folgen

Essstörung Kera Rachel Cook war ein erfolgreiches Model. An Schulen warnt sie nun mit ihrer eigenen Geschichte und spricht über Bulimie und Therapie. Der größte Tiefpunkt kam in einem Kölner Hotelzimmer. „In dieser Nacht habe ich mir selbst gesagt: Ich will nicht mehr“, sagt Kera Rachel Cook. Wie es für das ehemalige Model soweit kommen konnte, erzählt sie den Siebt- und Neuntklässlern des Gmünder Hans-Baldung-Gymnasiums.

Cook litt jahrelang an einer Form der Bulimie. Eine Essstörung. „Wisst ihr, was das ist?“, fragt sie die Schüler. „Bulimie ist wie Magersucht, nur dass man ganz viel isst und dann spukt man es wieder aus“, bekommt sie von den Schülern als Antwort.

Vom Leben eines Models

In ihrem Präventionsvortrag lernen die Jungs und Mädchen nicht nur etwas über Models in den Medien und über deren eigene Selbstwahrnehmung. Die 29-jährige Böblingerin erzählt ihnen auch ihre eigene Lebensgeschichte – von ihrer Zeit bei der deutschen Castingshow „Germanys Next Topmodel“ (GNTM) und deren hässlichen Folgen.

Die Anfänge lägen aber noch weiter zurück, beginnt Cook zu erzählen. Im Alter von zwei Jahren ließen sich ihre Eltern scheiden. „Ich gab mir die Schuld daran“, sagt sie. Weil ihr Vater nach Amerika ging, habe sie das Gefühl gehabt, nicht liebenswert zu sein. Dazu kam ihre ungewöhnliche Körpergröße (1,86 Meter), die sie in der Schule zur Außenseiterin gemacht habe. Ebenso ihre Schönheit. „Meine Mutter wollte nicht, dass ich eingebildet werde, deshalb hat sie mich immer ‘ihr kleines hässliches Entlein’ genannt.“

Ich habe nur noch Tomatensaft getrunken, um schnell Kilos los zu werden.

Kera Rachel Cook
ehemaliges Model

Mit 13 Jahren habe sie den Entschluss gefasst, Schauspielerin zu werden. Doch es sollte anders kommen. Mit 15 Jahren begann sie bei einem Talentworkshop zu modeln und wurde schon kurz darauf von einer Chefin einer Münchner Modeagentur angesprochen. „Ich dachte, dass ich über das Modeln zur Schauspielerei komme“, sagt sie. Was folgte waren Versprechungen von einem Vertrag und viel Geld – unter der Voraussetzung abzunehmen. Das bedeutete: „Dreimal die Woche Ausdauer- und Krafttraining und eine Diät“, erzählt Cook den Schülern.

Gesundheitliche Folgen

Gepackt von Ehrgeiz, habe siedaraufhin immer mehr und immer schneller abnehmen wollen. Nicht ohne Folgen für ihren Körper: Fressattacken folgten. Als Gegenmaßnahme nahm sie Abführmittel oder hungerte. „Da wusste ich, es stimmt etwas nicht“, sagt Cook. Ihr Arzt habe ihr damals zu einer Therapie geraten. Die erste von vielen. Trotzt ambulanter – und später sogar stationärer – Behandlung machte sie aber mit dem Modeln weiter. Und auch mit ihrem gestörten Essverhalten.: „Vor Germanys Next Topmodel habe ich drei Wochen nur noch einen Liter Tomatensaft pro Tag getrunken, um schnell Kilos los zu werden“, sagt sie.

Nach GNTM folgt der Tiefpunkt: „Ich habe darüber nachgedacht, von einem Hochhaus zu springen. Weil ich nicht mehr Herr meines Lebens war“, sagt sie. Schuld daran sei der unstillbare Essensdrang gewesen. Heute gehe es ihr aber wieder gut. Sie habe mittlerweile ihren Master absolviert und mit dem Modeln aufgehört. Es gebe wichtigere Dinge als Schön sein, sagt sie und warnt die Schüler: „Macht nicht denselben Fehler wie ich und rennt Schönheitsidealen nach.“

© Gmünder Tagespost 19.06.2017 20:37